Hannahs Raum_Wagen

Ein mobiler Aktionsraum, der genau das ist, was Du gerade brauchst.

 

Hannahs Raum_Wagen ist ein feuerroter Fahrzeuganhänger, mit klappbaren Leuchtbuchstaben auf dem Dach, Kioskluke und  Gittern an Seitenwand von denen verschiedene Kräutertöpfe und eine Kreidetafel hängen. Im hellen, mit Dielenboden ausgelegten Innenraum lässt sich alles ein oder ausklappen, hängen oder stellen: die Sitzbank ist Sideboard oder auch Tresen für den Barverkauf bei geöffnetem Fenster, die Spüle ist Schneideunterlage und die Holzeregale sind die Böcke für die Tischplatte…

Wie die Möblierung im Innenraum ist auch der Wagen selbst multifunktional: Eine fahrende Toolbox die je nach Ort und Bedürfnis zu Küche, Werkstatt, Bar, Sitzungszimmer, Ausstellungsraum oder mobiles Planungsbüro umfunktioniert werden kann und so dazu beiträgt Orte zu beleben. Der Raum_Wagen ist ein Allzweckwerkzeug um Orte zu aktivieren, Wildwuchs zu etablieren und Menschen zusammenzubringen.

Der Raum_Wagen ist der ehemalige Versorgungsanhänger der örtlichen Feuerwehr, den Hannah zum Schnäppchenpreis in den Kleinanzeigen entdeckt hat. Nach einem Aufruf zum Mitmachen via aushängen und offenen Bautagen, hatte sie auch schnell ein Aktionsteam zusammen. Wer anfangs noch Berührungsängste mit Akkuschrauber oder Flex hatte, der wurde ratz fatz zum workshop geladen. Was der Wagen werden sollte, die Gestaltung des Innenlebens, dafür wurden gemeinsam Ideen gesammelt. Die Ideen die am häufigsten genannt wurden, wurden dann gemeinsam umgesetzt. (Küche und Werkstatt).

Wer einen Blick in das Innere wirft wird schnell merken, das ganze wirkt eher wie ein modernes Loft als eine Fahrzeug-Anhänger. Diese weite verdankt der Wagen den 11 cm Bodenschichten die Hannah herausgenommen hat und durch Kork und alte Dielen ersetzt hat. Im vorderen Bereich macht eine liebevoll gestaltete Küche Lust zum Kochen, und im hinteren Bereich lassen sich Schreibtisch und Werkzeugregal mit einem Vorhang vom “Hauptraum” abgrenzen. Obwohl der Wagen schon von Haus aus mit vielen Fenstern ausgestattet war, wurden noch Oberlichter hinzugefügt, die einen freien Blick in den Himmel ermöglichen. Neben der voll ausgestatteten Küche beherbergt das Gefährt heute auch eine Werkstatt mit Tischkreissäge oder Schlagbohrer. Auf dem Dach gibt es eine Solarstrom Anlage. Bei schönem Wetter speist sie eine Batterie, die mit ihrer Leistung von 200 Ampere Stunden Strom für Aktionen abseits vom Stomnetz liefert.

Finanzen

Finanziell ist der Wagen eine Lowest Budget Produktion. Der Großteil der verbauten Materialien kommt aus einem nahe gelegenen Abbruchhaus und viele örtliche Initiativen (z.B dem Tauschkreis in Linz) haben das Projekt mit Sachspenden unterstützt.

In Aktion

Nach einem ca. 5 monatigen Bauprozess durfte der Wagen im Sommer 2016 schon einge Male seine aktivierende Wirkung entfalten. Vor einem ungenutzten Bauernhof in Stadtnähe, eröffnete er einen Raum für einen Ideenaustausch, auf dem Vorplatz des Architekturforums, wurde er zum gemeinsamen Treffpunkt mit der “Sozialen Küche”, mit dem Projekt “Caorle” wurde ein Platz direkt an der Donau wiederentdeckt. Alle Flächen waren jedoch privat oder im Rahmen der Veranstaltung wo Hannah mit dem Raum_Wagen geladen war abgeklärt.

 

Hannah vermietet den Wagen auch an Dritte, um hier haftungstechnisch in beide Richtungen abgesichert zu sein, muss ein extra erstellter Nutzungsvertrag unterschrieben werden.

 

Nachgefragt

Hannah, warum hast du dich für einen Anhänger und kein Wohnmobil oder einen alten Linienbus entschieden?

Ich hatte mir einige Busse oder LKWs angeschaut, aber die waren entweder Wracks oder räumlich uninteressant. Ich wollte einen großzügigen, einladenen Raum. Ein Bus oder LKW erschien mir oft zu derb und kleinteilig. Auch von den Versicherungs und Wartungskosten stehen selbstfahrende Räume und Angehängte in keinem Vergleich. Anhänger sind einfach erstmal günstiger.

Um den Anhänger selbst zu bewegen, benötigt man einen Anhängerführerschein BE oder sogar einen CE Führerschein und natürlich ein Zugfahrzeug. Es gibt allerdings wenig PKW’s, die das nötige Gesamtgewicht haben, um den Wagen mit ca. 3t Gewicht zu ziehen. Gleichzeitig darf man mit dem angehängten Raum_Wagen momentan nicht schneller als 10km/h fahren. Für kurze Strecken mag das ja ganz nett und entschleunigend sein. Für Kurzstrecken versuche ich immer die umliegenden Bauern zu motivieren und unterstütze sie mit Fahrtgeld. Bauern müssen ständig nach zusätzlichen Einnahmequellen Ausschau halten. Landwirtschaft lohnt sich kaum noch. Das Selberfahren auf Langstrecken macht aber wenig Sinn… Für die Tour im Herbst wird der Wagen auf einem Schlepper gezogen. Da er unter 3m Höhe hat, ist es leistbar, da es ohne Kran geht. Container gehen da echt ins Geld. Langfristig besteht meine Idee darin selbst einen passenden Führerschein zu machen. Das ist auch immer noch der Plan, aber durch Kooperationen mit Bauern und Speditionsfirmen noch nicht nötig.

 

Und wie kommst du nun voran?

Angehängt zu sein hat nicht nur Nachteile. Mich reizte mich die Idee, dass man die Kommunikation und Interaktion des Trampens auf dieses Format anwendet. Durch das Angehängt-Sein, also eine gewisse Abhängigkeit und Bedürftigkeit zu besitzen, ist somit ein eingeplanter, strategischer Zug. Man muss dadurch mit anderen Menschen in Kontakt kommen. Diese Kooperation von Standort zu Standort soll ein neues Netzwerk entstehen lassen. Wenn man selber fahren könnte, würden viele Potentiale an einem ungeachtet vorbeirauschen- ähnlich wie beim Autofahren im Vergleich zum entschleunigtem Trampen. Unabhängigkeit macht einen träge und weniger kontaktfreudig. In meinem Projekt geht es aber ja vordergründig um die Begegnung. Ich trampe quasi mit dem Wagen durch das Land, lasse mich von Ort zu Ort fahren und schaue, wo es was zu tun gibt. So die Vorstellung. Manchmal nimmt mich jemand vielleicht eine weite Strecke mit- manchmal nur ein Dorf weiter… es gibt immer überall etwas zu entdecken und zu tun.

 

Wie sieht es aus mit Versicherung und Haftung?

Rechtlich gesehen ist der Anhänger im abgekoppelten Zustand über mich versichert. Sobald ein Zugfahrzeug angehängt ist, haftet dessen Versicherung. Meine Versicherungsberaterin hat noch keine geeignete Versicherung gefunden, die Schäden decken würde, falls mit dem Wagen im abgekoppelten Zustand etwas passiert. Deswegen arbeite ich gerade sehr hart, dass der Raumwagen ein Kennzeichen bekommt und somit normal Kfz versichert werden kann. Es sieht bisher gut aus. Nächste Woche bekomme ich den Prüfbericht und dann gehts los mit den notwendigen Reperaturen. Daumen drücken!

 

Was rätst du Menschen die ebenfalls einen mobilen Aktionsraum schaffen wollen?

Im öffentlichen Raum anders und somit fast politisch zu agieren, sich auf Plätzen aufzuhalten, die einem nicht gehören und für die man keine Standerlaubnis hat ist schwierig. In der Regel haben unsere Aktionen ja auch das Ziel das Bewusstsein für den jeweiligen Ort zu schärfen, aufzuklären oder einen Begegnungsort zu schaffen.Die Verwaltung sieht solche Aktionen nicht gerne in Eigenregie umgesetzt, ebenso kann es einem mit Anwohnern gehen. Sobald jemand etwas dagegen hat und man keine rechtliche Absicherung hat, kommt das Projekt einfach zum Schluss.

Daher mein Tipp: Behörden, Ämter und Anwohner als erste ansprechen und mit einem gut ausgearbeiteten Konzept und seriösen Auftritt davon zu überzeugen sich für die Idee zu engagieren – Die Idee sozusagen zu deren Idee werden lassen. Dabei entsteht eine Identifikation und Teilhabe. So öffnen sich Türen, die bei Guerilla-Aktionen oft verschlossen bleiben.Ich spreche da von einer gezielten Kooperation, die durchaus die Interessen der Stadtentwicklung anspricht. Dabei sollte man dennoch im Fokus haben langfristig sich gegen eine verwertende Stadtentwicklung auszusprechen, Menschen und Atmosphären des Ortes klar miteinzubeziehen und Alternativen im Bereich des kooperativen Zusammenlebens aufzuzeigen.
Hannah macht übrigens auch ziemlich tolle Illustrationen und was Stadtentwicklung anbelangt ist sie eh ein alter Hase. Die Saline 34 in Erfurt war ihre Bachelorarbeit, die Aktivierung des Leisenhofs in Linz ein Projekt innerhalb des Studiums an der Abteilung Architektur an der Kunstuni Linz und der Raum_Wagen nun ihre Masterarbeit.

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email@raumwagen.info